Inhalt:
1. Aktuelles
Am 16. Januar fand am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe die erste mündliche Verhandlung in Sachen “Einheitsbewertung zur Bemessung der Grundsteuer” statt. Professor Dirk Löhr war für die von der INWO unterstützte Initiative Grundsteuer: Zeitgemäß! vor Ort und hat einen Bericht veröffentlicht.
In der Gastwirtschaft-?Kolumne der Frankfurter Rundschau forderte die stellv. INWO-Vorsitzende Beate Bockting zunächst Grundsteuer reformieren (14.11.17) und dann Spekulation erschweren (17.01.).
In Sachen Negativzinsen für Privatkunden gab es nun ein erstes Gerichtsurteil. Die schlechte Nachricht: Das Landgericht Tübingen gab in seinem Urteil vom 26. Januar der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg recht, die Volksbank Reutlingen dürfe nicht nachträglich von Bestandskunden Negativzinsen verlangen. Die Volksbank hatte im Zeitraum 7.5. bis 26.6.2017 per Preisaushang u.a. auf täglich fälliges Tagesgeld ab einem Volumen von 10.000 Euro 0,5% Negativzinsen eingeführt, diese jedoch nach einer Abmahnung durch die Verbraucherzentrale wieder zurückgezogen. „Die von der Verbraucherzentrale beanstandeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank verstoßen bei Altverträgen nach Auffassung der Kammer gegen wesentliche Grundgedanken der gesetzlichen Regelung. Durch Allgemeine Geschäftsbedingungen kann nicht nachträglich bei bereits abgeschlossenen Einlagegeschäften einseitig durch die Bank eine Entgeltpflicht für den Kunden eingeführt werden, die es weder im Darlehensrecht noch beim unregelmäßigen Verwahrungsvertrag gibt“, teilte das Gericht mit.
Die gute Nachricht: Mit der Klage hoffte die Verbraucherzentrale auch auf eine grundsätzliche Klärung der Zulässigkeit von Negativzinsen. Die Richter erklärten jedoch Negativzinsen nicht grundsätzlich für unzulässig: „Mit der vorliegenden Entscheidung wird der Beklagten im Übrigen keineswegs dauerhaft die Einführung von Negativzinsen untersagt“, so das Gericht.
Durch ihre Äußerungen seit Einführung der Negativzinsen dürften nicht zuletzt die Verbraucherzentralen daran Schuld sein, dass die Geschäftsbanken lieber massiv Gebühren angehoben haben, als - ökonomisch sinnvoller - die Negativzinsen der Notenbank an ihre Kunden weiterzureichen. Somit wurde den Geldinstituten der Einstieg in eine Umlaufsicherung für unsere Zahlungsmittel unnötig schwer gemacht und es werden zukünftig Altverträge gekündigt werden müssen. Die Volksbank Reutlingen hatte bei den strittigen Kontoformen übrigens keine Kontoführungsgebühren erhoben.
Das Rekordtief bei den Arbeitslosenzahlen lässt sich laut INWO-?Referent Klaus Willemsen vor allem mit den dauerhaft niedrigen Zinsen erklären.
2. Termine
29. Januar 2018, Frankfurt am Main: Podiumsdiskussion zum Bodenthema mit den Oberbürgermeisterkandidaten von SPD, Grünen und Linken. Veranstalter: Inititiative Finanzplan Frankfurt (IFIF), INWO neben weiteren Organisationen als Mitveranstalter. Ort: Kunstverein Familie Montez, Honsellstraße 7, 60314 Frankfurt. Zeit: 19.30h – 21.30h
17. & 18. Februar 2018, Wuppertal: „Wem gehört die Erde?”, Teil der Seminarreihe „Wirtschaft & Gesellschaft“ von SffO und Humaner Wirtschaft, in der Silvio-Gesell-Tagungsstätte.
9. & 10. März 2018, Wuppertal: „Wie weiter mit Europa und dem Euro?“ -? 61. Mündener Gespräche.
28. April & 29. April 2018, Witten: Von der Finanzwirtschaft zur Realwirtschaft – 10 Jahre nach Lehman Brothers, „Geldgipfel“ der GLS Bank Stiftung.
25. Juli bis 10. August 2018, Wien: Alternative Economic and Monetary Systems, International Summer University.
Irrtümer und Änderungen vorbehalten. Mehr lokale und aktualisierte Termine stehen immer im INWO-Terminkalender.
3. Interessantes aus Netz und Medien
Die Bodenwertsteuer ist in den letzten Wochen in den Medien erfreulich präsent gewesen:
- Im SPIEGEL 4/2018 erschien ein Interview mit Bundesbauministerin Barbara Hendrix, in dem sie sich klar für die Bodenwertsteuer ausspricht. Bauministerin Hendricks will Bodenspekulanten ausbremsen, heißt es auf Spiegel.de, wo es die wichtigsten Aussagen zu lesen gibt.
- Heißt die Lösung Bodenwertsteuer? fragt zdf heute am 16.01., in einem Interview mit Ulrich Kriese.
- Bodenwertsteuer könnte Wohnungsbau ankurbeln heißt es bei der F.A.Z., mit Bezug auf Prof. Dirk Löhr (24.11.17).
- AKTUELLES von Grundsteuer: Zeitgemäß! findet man laufend aktualisierte Verweise auf Medien-?Erwähnungen.
- Modell Bodensteuer: Wundermittel gegen Wohnungsnot? lautet der Titel eines 19-minütigen Deutschlandfunk-?Beitrags. Eckhard Behrens: „Eingeleitet wird mit den üblichen Beschwerden über die Wohnungsmieten. Der Hauptteil stützt sich auf die Berliner Henry-?George-?Tagung vom vergangenen November und zitiert mehrfach Dirk Löhr und andere wichtige Stimmen. Nachdem auch viele große Zeitungen über die Idee berichtet haben, die Grundsteuer durch eine Bodenwertsteuer abzulösen, kann man von einem Durchbruch sprechen. Das Thema Bodenbesteuerung ist dank der unermüdlichen Arbeit von Dirk Löhr in der Öffentlichkeit angekommen.“ Die Audiodatei zum Beitrag vom 15.01.2018 soll für ein halbes Jahr verfügbar bleiben.
Michael Endes Kritik des Finanzsystems in «Momo» heißt ein Artikel von Antje Vollmer, erschienen bei Hinter den Schlagzeilen im Dezember 2017. Sie beleuchtet darin den fast nur unter Freiwirten bekannten finanzsystemkritischen Hintergrund dieses berühmten Kinderbuches.
Es gibt bald Eine neue Währung in der Normandie, berichtet die NZZ (21.01.) von einer von der Regionalverwaltung geschaffenen Regionalwährung. Im Artikel werden auch der Schweizer WIR und Silvio Gesell erwähnt, aber von einer Umlaufsicherung für die neue Währung ist leider nicht die Rede.
Dichter an die Macht! hat der Radiosender Deutschlandfunk Kultur das Interview von Andrea Gerk mit Volker Weidermann genannt. Thema ist Weidermanns aktuelles Buch Träumer - Als die Dichter die Macht übernahmen (siehe Buchtipp), in dem, genau wie im Interview, auch Silvio Gesell eine Rolle spielt.
Steigerungen des Bodenwertes, die ohne besonderen Arbeits- oder Kapitalaufwand des Eigentümers entstehen, sind für die Allgemeinheit nutzbar zu machen.
Verfassung des Freistaates Bayern von 1946, Artikel 161
4. Film- und Buchtipps
Mit „Träumer – Als die Dichter die Macht übernahmen“ lässt Volker Weidermann im Vorfeld des 100-?jährigen Jubiläums des Freistaats Bayern und der Münchner Räterepublik den heutigen Leser diesen besonderen Moment der deutschen Geschichte nachempfinden. In Romanform erzählt er die Ereignisse nach, wodurch die Protagonisten sehr lebendig wirken.
Der Volksbeauftragte für Finanzen Silvio Gesell formulierte „die Grundsätze seiner Amtsführung und sein zentrales Projekt“ wie folgt: „Da die absolute Währung nur mit Freigeld dauernd durchzuführen ist, da außerdem das Freigeld die ganze Volkswirtschaft auf das kräftigste belebt, da endlich unter der dauernden Wirkung des Freigelds der Zinsfuß automatisch sinkt und die Löhne entsprechend steigen, kann allein das Freigeld für die Räterepublik in Betracht kommen.“ Geradezu komödiantisch scheint der Telegrafen-?Dialog zwischen Gesell und dem damaligen Reichsbankpräsidenten, einem Juristen, unter dessen Präsidentschaft später die Hyperinflation von 1923 stattfand. Gesell telegraphierte: „Ich will mit durchgreifenden Mitteln die Währung sanieren, verlasse die Wege der systemlosen Papiergeldwirtschaft, gehe zur absoluten Währung über und bitte um Bekanntgabe Ihrer Stellungnahme.“ Für die Antwort habe der Reichsbankpräsident nur vier Worte gebraucht: „Ich warne vor Experimenten!“
5. Das Wort zum ... Schluss
„Die erste Pflicht aller Journalisten müsste doch sein, nicht gegen irgendeinen Feind, sondern gegen den Krieg mobil zu machen!“
Konstantin Wecker im von ihm herausgegebenen Hinter den Schlagzeilen, gegründet 2003
Mit freundlichen Grüßen
Vlado Plaga und Mitstreiter