„Vorschau“ der Fragen und Einleitungstexte:
https://www.ecb.europa.eu/home/search/review/html/form_questions.de.html
1. Was bedeutet Preisstabilität für Sie?
[Einleitungstext der EZB]
Wie wirken sich Veränderungen des allgemeinen Preisniveaus auf Sie/Ihre Organisation und deren Mitglieder aus?
Mögliche Antworten bzw. Antwortbausteine:
Warum fragen Sie mich das? Dies ist doch Ihr Spezialgebiet, hierzu kann ich Ihnen nichts Neues sagen.
Löhne und Renten passen sich – wenn überhaupt – nur zeitverzögert und meist unzureichend an steigende Preise an.
Wer garantiert mir, dass auch mein Einkommen genauso schnell wie die Preise steigt?
Persönlich muss ich einmal im Jahr mein Gehalt verhandeln, wobei aber „Inflation“ nicht als Grund für eine Gehaltserhöhung akzeptiert wird. Außerdem verwirrt die dauernde Geldentwertung, denn gemerkte Preise veralten immer wieder. Vergleiche mit zurückliegenden Preisen sind kaum möglich. Auch die Bewertung von Rentenversprechen privater Anbieter ist wegen der Inflation mit einigem Aufwand verbunden.
Was bereitet Ihnen mehr Sorgen: eine zu hohe Deflation oder eine zu hohe Inflation?
Mögliche Antworten bzw. Antwortbausteine:
Beides ist schlecht.
Das ist doch Ihre Kernkompetenz. Sie müssen beides verhindern.
Meine Sorge ist, dass der Wasserkopf des ausufernden Finanzmarktes es immer schwerer macht, die Preise stabil zu halten. Ob es am Ende zur Deflation oder Inflation kommt, ist fast zweitrangig. Beides ist gefährlich.
Bei dem jetzigen Geldsystem, in dem sich Bargeld ungehindert beliebig horten lässt, macht mir Deflation, genau wie offenbar Ihnen (Inflationsziel „nahe an aber unter 2%“) mehr Sorge als Inflation. Mit Freigeld („rostendes Geld“) wäre das allerdings nicht mehr so.
Bei welchen Waren und Dienstleistungen sind Preisänderungen Ihrem Gefühl nach am stärksten spürbar?
Mögliche Antworten bzw. Antwortbausteine:
Nahrungsmittel
Mieten
Benzin
Strom
Tickets für Bahn und öffentliche Verkehrsmittel
Alles
Wie relevant ist Ihrer Meinung nach der Anstieg der Wohnkosten für die Inflation?
Mögliche Antworten bzw. Antwortbausteine:
Für viele Menschen sind die Wohnkosten die höchste Ausgab-Kategorie überhaupt, machen diese Kosten etwa die Hälfte aller Ausgaben aus. Also ist ein Anstieg in dem Bereich natürlich sehr relevant - wobei der Anstieg zwar viele Menschen trifft, einige aber komplett verschont werden und wenige, nämlich die Besitzer schuldenfreien Wohneigentums (vor allem wenn vermietet) sogar profitieren.
Hängt davon ab, ob einem die eigene oder auch vermietete Wohnung selbst gehört, oder ob man dafür zahlen muss.
Die EZB sollte klarer unterscheiden, welchen Anteil der Wohnungskosten auf die Bodenrente und welcher auf die Baukosten bzw. Wiederherstellungskosten der reinen Immobilie entfällt. Sie beeinflusst mit ihrer Geldpolitik zunächst die Preise von produzierten Waren und Dienstleistungen, also auch die Baukosten. Aber die Bodenrente funktioniert anders – wie können Sie bei David Ricardo oder Henry George nachlesen.
Das Hauptproblem sind die steigenden Bodenpreise. Und hier muss sich die Steuerpolitik der Staaten oder auch der gesamten EU ändern, z.B. durch hinreichend hohe, reine Bodenwertsteuern. Die falsche steuerliche Behandlung des Bodens ist das Problem und dies wird von der EZB systematisch verschwiegen oder ignoriert. Dadurch wir das Problem aber nicht gelöst. Und weil es auch die Wirksamkeit der Geldpolitik betrifft, sollte die EZB deutlich offener und ehrlicher die Bodenrenten analysieren und die Politik klar zu einer neuen diesbezüglichen Politik aufrufen.
2. Welche Erwartungen und Sorgen haben Sie in Bezug auf die Wirtschaftsentwicklung?
[Einleitungstext
der EZB]
Welche wirtschaftlichen Faktoren bereiten Ihnen/Ihrer Organisation und deren Mitgliedern zurzeit Sorgen?
Mögliche Antworten bzw. Antwortbausteine:
Die Corona-Krise erfordert auf absehbare Zeit tief negative Zinsen. Dazu müssten Sie eine Gebühr auf Bargeld einführen. Das aber werden Sie sich nicht trauen und genau das ist brandgefährlich!
Das niedrige Wachstum muss mit niedrigen Zinsen einhergehen. Und genaugenommen müsste mit einer langfristigen Negativzinspolitik Spielraum für eine ökologische Wende geschaffen werden. Andererseits: Solange die Bodenrente privat angeeignet wird, führt dies zu einem neuen Feudalismus. Ricardo hatte recht: Wenn es kein Wachstum gibt, profitiert am Ende nur der „Landlord“.
Die EZB weigert sich beharrlich, die mit der Niedrigzinspolitik verbundenen Herausforderungen beim Bodenrecht zu thematisieren. Außerdem brauchen wir eine Gebühr auf Bargeld – nicht zuletzt als Maßnahme um die Folgen der Corona-Krise zu bekämpfen.
Die grundsätzlich positiven Wirkungen der niedrigen bzw. negativen Zinsen nutzen heutzutage am Ende nur den Boden- und Grundbesitzern.
Auch wenn die Zinsen niedrig sind, sind sie doch nicht niedrig genug, um eine stabile Wirtschaft ohne Wachstum zu ermöglichen. Und die ökologische Herausforderung verlangt nach einer Wirtschaftspolitik, die ohne Wachstum auskommen kann. Der Planet Erde ist rund, aber eben endlich. Und Sie schaffen es nicht, die Zinsen deutlich unter 0 % zu senken, wie es eigentlich erforderlich wäre.
Eigentlich müssten die Zinsen noch weiter sinken. Dafür müsste aber die EZB Bargeld mit einer Gebühr belegen (z.B. in Form der Gesell-Eisler-Solution). Ich habe aber die Sorge, dass die EZB vor dieser eigentlich notwendigen Maßnahme zurückschrecken wird.
Die Vermögenskonzentration ist schon jetzt in der EU extrem weit fortgeschritten. Die de facto besitzlose ärmere Hälfte der Bevölkerung sieht bei den reichsten 10% einen unfassbaren Reichtum. Auf Dauer kann dies nicht so weiter gehen und wird zur Wahl von gefährlichen, unberechenbaren Politikern oder sogar zu Aufständen führen, vor allem wenn die Besitzlosen auch noch ihre Einkommen verlieren und weiter unter Druck gesetzt werden (z.B. weil wegen einer Zinserhöhung viele Unternehmen Konkurs anmelden müssen).
Wie haben sich in den letzten zehn Jahren die sich verändernden wirtschaftlichen Bedingungen auf Ihr Leben ausgewirkt (zum Beispiel auf Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt)?
Mögliche Antworten bzw. Antwortbausteine:
Seit der Corona-Krise weiß ich nicht, wie ich die nächsten 14 Tage überstehen soll.
Ich persönlich habe von der Entwicklung – zumindest bis zum Ausbruch der Corona-Krise – profitiert. Mein Einkommen hat sich seit der Finanzkrise eigentlich recht gut entwickelt.
Ich hatte das Glück rechtzeitig eine Immobilie gekauft zu haben. Andere hatten dieses Glück nicht.
Meine Rente wurde durchaus stärker erhöht als ich das erwartet hatte. Aber ich würde nicht sagen, dass ich damit von der starken wirtschaftlichen Entwicklung wirklich profitiert habe. Dazu waren die paar Prozent mehr dann doch zu wenig.
Die angeblich gute wirtschaftliche Entwicklung ist an mir komplett vorbeigegangen.
Vor 10 Jahren war ich erwerbsarbeitslos und hatte trotz guten Alters und Qualifikation (Uni-Master mit 28 Jahren) Schwierigkeiten, einen Erwerbsarbeitsplatz zu finden. Jetzt arbeite ich im IT-Bereich und bekomme immer mal wieder Abwerbe-Angebote.
Wie wirken sich die niedrigen Zinsen und die Geldpolitik ganz allgemein auf Sie/Ihre Organisation, deren Mitglieder und die Wirtschaft insgesamt aus?
Mögliche Antworten bzw. Antwortbausteine:
Niedrige Zinsen führen natürlich zu mehr finanziellem Spielraum der öffentlichen Kassen und auch der Unternehmen.
Die Arbeitslosigkeit geht zurück, die Kaufkraft steigt, Investitionen können einfacher finanziert werden. Aber auch die Bodenbesitzer, also z.B. die großen Immobilieneigentümer profitieren massiv, ohne hierfür eine entsprechende Gegenleistung erbringen zu müssen.
Ich habe mich in erster Linie durch Zinserträge und kapitalgedeckte private Rentenversicherungen finanziert. Mich persönlich hat die Niedrigzinspolitik massiv auf dem falschen Fuß getroffen.
In der Lokalpolitik ist die Zeit des Haushaltssicherungskonzepts, d.h der Bevormundung durch die Bezirksregierung, dank der niedrigen Zinsen für die verschuldete Stadt vorbei und es macht wieder mehr Spaß, sich politisch zu engagieren.
Meine Bank verlangt zwar höhere Kontoführungsgebühren, da sie es wegen des „Lower Zero Bound“ nicht mehr schafft, eine ausreichende Zinsmarge herzustellen (da Bargeld zu so niedrigen Kosten gehortet werden kann, dass sie die sowieso zu zaghaften Negativzinsen der EZB meint nicht an die Kunden weitergeben zu können), aber ich persönlich profitiere von dem Dispo-Kredit zu Nullzinsen seit ein paar Jahren mehr, als mich die Kontogebühren belasten würden.
3. Welche anderen Themen sind Ihnen wichtig?
[Einleitungstext
der EZB]
Sollte
die EZB Ihrer Meinung nach mehr oder weniger Gewicht auf diese
anderen Gesichtspunkte legen und warum?
Mögliche Antworten bzw. Antwortbausteine:
Die Preisstabilität ist aus guten Grund sehr wichtig. Aber zugleich muss auch die makroökonomische Stabilität gewährleistet bleiben. Wenn hohe Zinsen dazu führen, dass die Besitzer großer Finanzvermögen sich schneller bereichern als die Wirtschaft wachsen kann, dann führt dies – wie 2008/2009 – zwangsläufig in eine Finanzkrise. Die Ungleichheit der Einkommen und Vermögen darf nicht weiter zunehmen bzw. sie muss sogar wieder abnehmen, um sowohl die finanzielle als auch die politische Stabilität zu gewährleisten. Erst wenn dies gegeben ist, ergibt das Ziel der Preisstabilität Sinn. Hierfür braucht es niedrige oder gar negative Zinsen. Hohe Zinsen führen hingegen nur zum exponentiellen Wachstum der Geldvermögen und Schulden – bis die Schulden nicht mehr tragfähig sind und die nächste Finanzkrise ausbricht.
Die Geldpolitik versucht so zu tun, als ob sie sich zunächst nur auf die Preisentwicklung konzentrieren kann. Aber so einfach ist das nicht. Zu hohe Zinsen führen zu leistungslosen Einkommen, so dass die Finanzvermögen aus sich selbst heraus schneller wachsen können als die Wirtschaft wächst. Die zu hohen (angeblich „normalen“) Zinssätze vor der Finanzkrise … das konnte nicht gutgehen. Jetzt sind zwar die Zinssätze niedrig, aber möglicherweise nicht niedrig genug. Auch ist die Zinsstrukturkurve zu flach. Eigentlich müsste die EZB eine Gebühr auf Bargeld erheben, um die Leitzinsen noch weiter senken zu können, während zugleich die Zinsstrukturkurve wieder steiler wird. Dann könnten sowohl die Banken wieder Erträge erzielen als auch zugleich die aufgeblähten Finanzvermögen endlich nennenswert schrumpfen. Ich fürchte aber, Euch fehlt hierzu der Mut.
Eine nachhaltige Entwicklung erfordert, dass es langfristig kein (quantitativ definiertes) Wachstum mehr gibt. Außerdem muss die Verteilung der Einkommen und Vermögen wieder gerechter werden. Für beides bedarf es niedriger oder gar negativer Zinsen. Denn wenn die Zinsen über der Wachstumsrate liegen, muss die Ungleichverteilung zwangsläufig zunehmen. Preisstabilität ist wichtig, aber sie muss mit niedrigen Zinsen, niedrigem Wachstum und hoher Einkommens- und Vermögensgerechtigkeit einhergehen. (Zugleich bedarf es aber auch einer neuen Bodenrentenpolitik.)
Wenn die EZB dafür sorgt, dass den Bürgern der Währungsunion immer ausreichend Geld günstig zur Verfügung steht (so dass sich keiner durch Zinsnehmen bereichern kann) und dieses Geld auch noch wertstabil bleibt, dann hat sie ihren Auftrag erfüllt. Um Umweltschutz können sich dann die Bürger und Politiker kümmern.
Gibt es außer den genannten noch weitere Aspekte, die die EZB Ihrer Ansicht nach bei ihren geldpolitischen Entscheidungen berücksichtigen sollte?
Mögliche Antworten bzw. Antwortbausteine:
Siehe Antwort zur letzten Frage.
Die Zinspolitik muss so ausgerichtet sein, dass auch niedrige Wachstumsraten möglich werden, also Raum für den notwendigen ökologischen Umbau der Wirtschaft entsteht.
Der ökologische Umbau der Wirtschaft ist zwingend notwendig für die Zukunftsfähigkeit der Erde als Heimat des Menschen. Und dies verlangt am Ende eine Wirtschaft, die auch ohne Wachstum auskommen kann. Hierfür ist u.U. eine langfristige Negativzinspolitik notwendig.
Die vorgegebene Formulierung vom ausgeglichenen Wachstum und den Nachhaltigkeitszielen gemäß Art. 2 des Lissabon-Vertrages ist eine contradicto in adjecto. Eine umweltverträgliche Entwicklung verlangt am Ende eine stabile Wirtschaft ohne permanentes Wachstum.
Wie wird sich der Klimawandel auf Sie/Ihre Organisation, deren Mitglieder und die Wirtschaft auswirken?
Mögliche Antworten bzw. Antwortbausteine:
Schwer zu sagen. Ich weiß nicht, wie stark die Temperatur auf der Erde sich durch den Klimawandel noch erwärmen wird. Ich bin da kein Experte. Wenn aber wie zu lesen war, der Meeresspiegel mit dem Abschmelzen der Antarktis wirklich um bis zu 5 Meter steigen sollte, dann bleibt niemand hier verschont vom Klimawandel. Und der Schaden würde in die Trillionen gehen.
Wenn der Meeresspiegel in der Tat um mehr als einen Meter steigen soll, dann fehlt mir dazu schlicht die Phantasie, mir das vorzustellen. Aber das wäre auf jeden Fall eine Katastrophe.
Höhere Temperaturen bedeuten ja auch größere Unwetter, Dürren oder Überschwemmungen. Irgendwie betrifft mich das schon, aber zugleich ist das alles auch sehr abstrakt.
Es gibt ja Leute, die den Klimawandel leugnen. Ich bin verwirrt. Ich bin weder Physiker noch Chemiker noch sonst ein einschlägiger Wissenschaftler. Ich verstehe das alles nicht.
Keine Ahnung.
Warum stellen Sie mir diese Frage? Ich genke, es gehört nicht zum Aufgabenbereich einer Zentralbank, sich mit dem Klimawandel zu befassen.
4.
Wie können wir am besten mit Ihnen kommunizieren?
[Einleitungstext
der EZB]
Inwieweit
fühlen Sie sich gut informiert über die EZB/Ihre nationale
Zentralbank?
Mögliche Antworten bzw. Antwortbausteine:
Die Informationen in der Wirtschaftspresse empfinde ich als sehr einseitig und manchmal auch ziemlich irritierend oder gar widersprüchlich. Auch werden zentrale Aspekte, wie die Umverteilung über den Bodenbesitz oder dass hohe Zinsen nur bei einem niedrigen Stand an Geldvermögen und Schulden überhaupt tragfähig sind, entweder bewusst verschwiegen oder aus Inkompetenz ausgeblendet. Aber wo soll ich denn brauchbare Informationen finden? Ihre Internetseite gibt da leider auch nur wenig her.
Die Entscheidungen zu Zins- und Wertpapierkaufprogrammen werden klar kommuniziert. Alles was darüber hinausgeht, muss man sich selbst zusammenreimen. Die Wirtschaftspresse kritisiert sie ja, aber irgendwie passen deren Kommentare nicht zur wirtschaftlichen Situation, dem Niveau und der Entwicklung der Gesamtverschuldung. Einerseits wird man mit Kommentaren zur Geldpolitik erschlagen, auf der andren Seite ist da dennoch eine gähnende Leere. Es werden eigentlich nur Schlagworte wiederholt und in die Köpfe gehämmert. Das eigentliche Verständnis bleibt aber nur zu oft auf der Strecke.
Entscheidungen werden klar kommuniziert. Die Erklärung dazu kommt von Journalisten mit sehr unterschiedlichen geldpolitischem Verständnis und einschlägigen Bloggern. Doch diese bekommen nicht mal gut aufbereitete Graphiken/Tabellen geschweige denn ein leicht bedienbares Statistikportal an die Hand. Wirklich gut informiert fühle ich mich nicht.
Wenn man bei Ihnen auf die Internetseite geht, ist nicht immer klar, für welche Zielgruppe Sie welche Teile der Seite aufbereiten. Man hat das Gefühl, dass Ihnen das selbst nicht ganz klar ist. Händler und Analysten brauchen ein anderes Angebot als professionelle Wirtschaftsjournalisten. Aber zwischen diesen Zielgruppen sind die Unterschiede mit Blick auf den Informationsbedarf gar nicht so groß, und beide wurden bei Ihnen bisher schon halbwegs fündig. Aber Blogger, Journalisten Politiker oder Berater, die nicht nur auf Geldpolitik fokusiert sind, werden durch Ihre Seiten schon ziemlich abgeschreckt (und holen sich dann die Informationen von woanders). Es ist zwar gut, dass Sie jetzt ein paar kürzere Erklärungen der EZB- Direktoren auf der Internetseite bereitstellen, aber es geht darum, dass die verschiedenen Zielgruppen – und hier insbesondere die verschiedenen Gelegenheitsnutzer – sich schnell und systematisch informieren können. Da ist noch sehr viel Luft nach oben.
Wie könnte die EZB/das Eurosystem die Vorteile von Preisstabilität und die mit einer zu hohen oder zu niedrigen Inflation verbundenen Risiken besser erklären?
Mögliche Antworten bzw. Antwortbausteine:
Mit kurzen Texten von maximal zwei Seiten, die prominent bereitgestellt werden, sowohl zum Problem der Inflation als auch zur Deflation (aber eigentlich auch zu anderen Themen, wie der Funktionsweise des Geldmarktes, den Grundsätzen der Zinssteuerung, Funktionsweise des unbare Zahlungsverkehrs, zu strukturellen Geldhierarchien in Anlehnung an Perry Mehrling, Unterschiede zwischen Banken und Schattenbanken, Funktionsweise der Repomärkte und möglicher Reformbedarf …). Diese Texte sollten schärfer und prägnanter formuliert werden, als dies bisher der Fall ist. Sie sollten bereit sein, auch mal Widerspruch hervorzurufen, aber vor allem sollten sie klar verständlich argumentieren.
Mit einem strukturierten Lernportal mit Audio- und Videoangebot, das wirklich informiert und nicht nur die Botschaft transportiert: „Wir sind die Experten, ihr habt keine Ahnung, lasst uns einfach machen.“
Was können wir tun, damit Sie unsere Entscheidungen und deren Folgen für Sie besser verstehen?
Mögliche Antworten bzw. Antwortbausteine:
Es sollte nicht so sehr um lange Erklärungen gehen, als um eine möglichst prägnante Darstellung der Situation mit geeigneten Tabellen und Graphiken, die als ernsthaft und ehrlich empfunden werden. Die Graphiken sollten aussagekräftig sein und zugleich auch Widerspruch aushalten und zulassen.
Es wäre gut, sie überlegen sich jeweils einige aussagekräftige Graphiken, die den Journalisten, Politikern, Bloggern, NGOs und anderen Multiplikatoren an die Hand gegeben werden und auch explizit weiterverwendet werden dürfen.
Eine grundlegende Überarbeitung des Statistikportals der EZB ist angebracht. Zur Zeit ist das Statistikportal nur für Leute bedienbar, die sich täglich mit diesen Statistiken befassen. Aber die meisten Journalisten, Blogger und andere Kommentatoren wollen mal rasch ein paar Zahlen oder Zeitreihen recherchieren, die auch noch vollständig und eindeutig kommentiert sind – und dies bietet das Statistik-Portal zur Zeit nicht in brauchbarer Form an.
Auch wenn früher es Zentralbankmeinung war, dass Geldpolitik genaugenommen keine Politik ist, sondern nur eine Optimierung einer Zielfunktion, glaubt dies außerhalb der Zentralbanken kaum noch einer. Gerade auch in der Geldpolitik gibt es starke Interessenskonflikte. Aber dadurch, dass Sie dies zu leugnen versuchen, erzeugen Sie Misstrauen. Sie sollten offener und ehrlicher mit den tatsächlich existierenden Interessenkonflikten und unterschiedlichen Positionen umgehen. Sachverhalte sollten aktiv von verschiedenen Seiten dargestellt werden und Ihre Abwägung sollte prägnanter erläutert werden. Zugegeben, ein Anfang ist gemacht, aber diesen Weg müssen Sie bewusster und aktiver als bisher beschreiten. Die Zeit des einlullenden Bundesbanksprech ist zum Glück vorbei, aber der Weg zu einer neuen Grundhaltung in der Zentralbankkommunikation ist trotzdem noch weit.