Pegida gewinnt US-Wahl

Wer hat Donald Trump gewählt?, fragen sich ein aufgeklärtes Bürgertum und das politische Establishment hier wie dort. Gegen den Großteil der Machtelite, gegen Meinungsmacher und Meinungsforscher und gegen alle Vernunft wird ein exzentrischer Milliardär zum Strohhalm und Hoffnungsträger einer abgehängten und aufgegebenen US-amerikanischen Arbeiterschaft und Mittelschicht.

Seit 50 Jahren verliert die US-amerikanische Mittelschicht stetig an Wohlstand und Sicherheit. Leistungsbereitschaft ist kein Garant mehr für ein Leben in Würde. Die Kaufkraft der Löhne nimmt stetig ab, soziale Errungenschaften wie Bildung und Gesundheitsversorgung sind für Millionen arbeitende Menschen nicht mehr bezahlbar. Sichere Arbeitsplätze gibt es weder für Gutverdiener noch für jene, die für Hungerlöhne arbeiten. Immer mehr Menschen fürchten um ihre Existenz und werden von Demokraten wie Republikanern von Wahl zu Wahl belogen und enttäuscht.

Für die Mehrheit der US-Bürger ist es seit Jahrzehnten gleichgültig, welche Partei und welchen Kandidaten sie wählen. Der Reichtum der Reichen wächst unaufhörlich, während der gesellschaftliche Wohlstand zerfällt. Die Macht von Medien und Konzernen sorgt dafür, dass es nur Millionäre und Milliardäre in den US-Senat schaffen. Ein extrem undemokratisches Wahlrecht sorgt dafür, dass viele gesellschaftliche Strömungen gar nicht erst in die Parlamente einziehen. Macht wird gekauft und nur wer käuflich ist wird wirklich mächtig.

Donald Trump ist nicht der Präsident, den sich eine Mehrheit der US-Bürger gewünscht hat. Er ist das vermeintlich kleinere von zwei Übeln, die sich in dieses Voting eingekauft haben. Trump ist der Repräsentant des rücksichtslosen, egoistischen Raubkapitalismus. Sein Vater hat mit Mietskasernen ein Vermögen gemacht, auf Kosten der einfachen Arbeiter. Er selbst hat dies mit Grundstücksspekulation, „konsequenter“ Steuervermeidung und rücksichtslosem Geschäftsgebaren vervielfacht. Dennoch konnte er sich bei seinen Anhängern als unbestechlicher Kämpfer gegen das korrupte Establishment positionieren. Seine Versprechen: Wir bauen eine Mauer gegen sozialen Abstieg. Wir werden unser Land wieder aufbauen, die Brücken, Flughäfen und Krankenhäuser. Wir werden das Wirtschaftswachstum verdoppeln.

Seine Wählerschaft weiß, dass es die Gier und die Korruption der reichen Machteliten ist, die ihren Wohlstand zerstört hat. Es kann aber niemanden überraschen, dass sich gerade die verarmende Mittelschicht und die von Existenzvernichtung bedrohte Arbeiterschaft von rassistischen Feindbildern blenden lassen. Es ist auch mitnichten überraschend, dass mit den ausgenutzten rassistischen Feindbildern die schlimmsten aggressiven Gefühle transportiert werden. Gesellschaftliche Gruppen, die sich in ihrer Existenz bedroht fühlen, suchen Sicherheit in faschistoiden Strukturen. Wer sich im demokratischen System nicht mehr repräsentiert fühlt, handelt nicht mehr nach einer kritischen Rationalität. Er beginnt, um sich zu schlagen.

Aufklärung und Wandel müssen gelingen, solange Demokratie und die wichtigsten gesellschaftlichen Strukturen noch funktionieren. 

Klaus Willemsen, 9.11.2016